Der Inselsegen im Land der Krise (Folge 2)


Schon vor der heutigen Griechenlandkrise lag vieles im Argen und hat nicht funktioniert. Seit es auf der drittgrössten Insel nur noch einen Gemeindepräsident gibt, ist alles noch viel schlimmer geworden. Nebst seinem politischen Amt hat er eine Schafherde und einen Garten zu pflegen. Auch wenn ihn die Probleme der Bürger im 80 km entfernten Mesotopos interessieren sollten, hätte er wohl kaum die nötige Zeit, sich darum zu kümmern. 
Auch im weit entfernten Athen sorgt sich keiner der Abgeordneten im Parlament um die Belange der Inselbewohner noch setzt er sich für eine verbesserte Gemeindestruktur ein. Sei dies, weil der von seiner Insel Gewählte stets überstimmt, überhört wurde, keine andere Wahl oder kein Interesse hat. 
Klar ist lediglich, dass Lesvos aus historischen Gründen schon seit Zeiten des Königreiches als rote Insel galt und die auf Mitilini Geborenen oder davon Abstammenden als Linke verschrien und abgestempelt wurden und dadurch Nachteile ernteten. 
Der 85 jährige Panagioti zum Beispiel, welcher familientraditionsgemäss stets demokratisch gewählt hat und als Soldat in die königliche Militärflotte aufgenommen werden wollte, bekam von der Militärbehörde eine Absage. Die lächerliche Begründung lautete, dass seine Pläne und Modellskizzen schlecht seien. Gerade er, der sein Leben lang als bester Mechaniker galt! Erst auf Nachfragen in oberen Rängen hat er erfahren, dass seine Abstammung von der roten Insel Schuld an der Verweigerung war. 
Vielleicht liegt da der Ursprung vieler Inselprobleme begraben? Vielleicht wurde auch deswegen die Insel bis heute nicht vermarktet, im Gegensatz zu Kreta, Mykonos, Santorini usw.
Konkret bedeutet dies jedenfalls, dass für Gemeindeanliegen auf der Insel Mitilini stets zuwenig Geld aus Athen zurückgeflossen und heute, in Krisenzeiten, ganz zum Stillstand gekommen ist.
Aus der Not der Dorfbewohner wurde in Mesotopos vor vielen Jahren ein Verein gegründet mit dem Zweck, das Dorfbild und die Traditionen zu erhalten, sowie die Strände zu verschönern. 
Die weit über zweitausend Menschen mit Wurzeln in Mesotopos, welche sich heute in Athen aufhalten, deren Herz für ihr Heimatdorf schlägt und intensive Beziehungen dorthin pflegen, schlossen sich aus Solidaritätsgründen in den 60er Jahren dem Dorfverein an und gründeten ihrerseits einen Ableger.
Diese Vereinigungen haben es geschafft, mittels Geld sammeln, Spenden und persönlichen Arbeitseinsätzen eine Arztpraxis mit öffentlichem Raum für die Jugendlichen zu erbauen, den Dorfplatz zu einem schmucken Ort der Begegnung und für kulturelle Aktivitäten umzugestalten und den finanziellen Freiraum zur Erhaltung ihrer Kultur und Traditionen zu schaffen. Ebenso wurden an den Stränden Bäume gepflanzt und Wasser zum Duschen verlegt. Der Zusammenhalt ermöglicht dem Verein z.B., die auf der ganzen Insel gefragte jährliche Karnevalsfeier zu organisieren und die landesweit bekannte Volkstanztradition zu pflegen.














Zwischen Mesotopos und dem Athener Verein herrscht reger Austausch und intensiver Kontakt. Wenn anlässlich einer Festivität in der Landeshauptstadt, Geld für Mesotopos fliesst, ist bestimmt eine Tanzgruppe aus dem Dorf angereist oder ein Arzt mit Mesotopos-Wurzeln stellt seine Dienste unentgeltlich zur Verfügung.
Auch wenn die gesamte Dorfsituation durch diese löbliche Selbsthilfe ungelöst bleibt, hat der Zusammenhalt weit über die Insel hinaus Vorzeigecharakter. Und einmal mehr zeigt dieses Beispiel auf, wie viele Probleme umgangen und gelöst werden können, auch wenn die Bevölkerungsanliegen in Athen ungehört und die Regierung korrupt bleiben.
Für Mitilini mit seinem vielfältigen Nahrungs- und Wasserreichtum wäre wahrscheinlich die Gründung des Inselstaates Lesvos wirklich die beste und gescheiteste Lösung! Doch bis dahin erwarten die Inselbewohner zu Recht, wenn auch vergebens, dass die Strassen von ihren vielen Steuergeldern geflickt werden, ebenso der Kehricht pünktlich entsorgt wird oder auch die Kinder mit den Schulbussen zur Schule gefahren werden. 
Kann den Einheimischen von Mitilini, anhand dieser Misere, verübelt werden, dass sie inzwischen keine Lust mehr haben, wählen zu gehen? Ausser sich mit vereinten Kräften und mit gemeinsamen Effort immer wieder zusammen vor dem Inselpräsidenten ihre Anliegen kund zu tun, bleibt ihnen wohl nicht viel anderes übrig. 
Zu Recht bleibt da die Frage in den Raum gestellt, wohin denn all die von der EU gesprochenen Milliarden wohl flossen und immer wieder fliessen?

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