Trachanas und Chachles - eine uralte Sommertradition


Als das Waser im westlichen Teil von Lesvos noch eine Rarität war, konnte das Land nicht im heutigen Ausmass kultiviert werden. Vor allem die Schafzucht florierte und es wurde vorwiegend Weizen angebaut. Da gab es weder Olivenbäume noch Rebenhaine in dieser Gegend. Lediglich in der direkten Umgebung von Flussläufen entstand Kulturland, Obstbäume wuchsen und Mühlen wurden betrieben.

Aus diesem Grund entstand das legendäre Trachanas. Dafür sammelte der Schafhirt seine Schafmilch über Tage hinweg. Diese wurde nach und nach sauer, da noch keine Kühlschränke vorhanden waren. Hatte er die nötige Menge saurer Milch beisammen, wurde sie stundenlang in einem grossen Kessel über dem offenen Feuer auf die Hälfte eingekocht. Die reduzierte Flüssigkeit wurde anschliessend gesalzen und schlussendlich konnte das grobkörnige Weizenmehl beigefügt werden. Vom Feuer genommen musste die Masse mit riesigen Holzlöffeln gerührt werden bis ein dicker Brei entstanden ist. Alles in allem eine schweisstreibende Angelegenheit. Zugdeckt mit einem nassen Tuch quellte das Erzeugnis über Nacht auf. Vor Sonnenaufgang mussten die Cachles geformt sein, um anschliessend raschmöglichst an der heissen Augustsonne getrocknet zu werden. Länger als drei bis fünf Tage sollte der Trocknungsvorgang nicht dauern, damit nichts verschimmelte. Die Hälfte des Teiges wurde lediglich zerrieben, ohne ihn zu formen, was dann das Trachanas ergab. Diese uralte Tradition hat sich bis heute erhalten.

Ob Käsereien im grösseren Stil zum Verkauf oder Familien im kleineren für den Eigenbedarf, viele wagen sich heute noch an den aufwändigen Arbeitsablauf. Für das Trocknen sieht man auf etlichen Hausdächern einen grossen Käfig. Diese Gitterverschläge garantieren viele Sonnenstunden und Schutz vor Vogeldieben.

Das Endprodukt ist mit nichts zu vergleichen, doch vielfach verwendbar. Trachanas wird im Winter hauptsächlich als Suppeneinlage verwendet. Die Cachles finden x-fachen Gebrauch. Schon in der Entstehungsphase und heute noch gelten sie als nahrhafte Zwischenverpflegung, sei dies während der Arbeit auf dem Felde oder in der Schulpause für Kinder. Dafür werden sie trocken verzehrt. Mit Vorliebe wird das zu Cachles geformte Trachanas in den kalten Monaten am offenen Feuer etwas erwärmt zu sich genommen. Aber sie schmecken auch vorzüglich gefüllt mit Feta, Tomatenstücken und Oregano gewürzt im Ofen überbacken.

Trachanas und Cachles sind ewig haltbar und unverderblich. Gemäss vielfacher Aussage sollen sie gesund sein für den Organismus und hervorragend für dessen Reinigung. Dass sie ausserdem sättigend sind, ist unbestritten. 

Trachanas im Entstehen

Die Frauen am Chachles formen vor Sonnenaufgang

links Trachanas und rechts die Chachles am Trocknen